An der Ampel reicht es, Rot, Gelb und Grün zu unterscheiden. Wer gestalten will, macht viel genauere Unterschiede: Lebhaftes Maigrün oder kühles Türkis? Helles Mint oder gedecktes Tannengrün? (Wenn man überhaupt auf Grün steht, aber das ist ein anderes Thema). Auch solche Beschreibungen reichen nicht aus, wenn eine Hausfarbe so definiert werden soll, dass sie im Druck genauso aussieht wie auf der Website, auf dem Geschäftsfahrzeug, dem Messestand, in der Zeitung…
Farben sehen – ein individueller Vorgang
Unterschiedliche Lichtverhältnisse; wie sich die Strahlen auf einem Gegenstand brechen und reflektiert werden; die Lichtrezeptoren auf der menschlichen Netzhaut, die verschiedene Wellenlängen aufnehmen, ans Gehirn weiterleiten und wie sie dort zu einer bildlichen Wahrnehmung verarbeitet werden – das alles ist ein komplexer Vorgang, spannend zu erforschen und zu erleben, wenn man Zeit und Lust hat. Beides fehlt aber im industriellen Arbeitsalltag. Hier sind Standards und Normen gefragt.
Farbpaletten: RAL, HKS, Pantone
Heute steht uns eine breite Palette an natürlichen und synthetischen Farbpigmenten zur Verfügung, die in Lacken und Farben, für Farbfolien und bei der Stofffärbung verwendet werden – in der Regel ohne dass wir uns darüber irgendwelche Gedanken machen. Um eine einheitliche Farbdefinition und -darstellung zu gewährleisten, haben mehrere Anbieter standardisierte Farbpaletten entwickelt, deren Farbnummern überall verstanden und reproduziert werden können. In der grafischen Industrie sind gebräuchlich:
- RAL-Farbsystem: der „Reichsausschuß für Lieferbedingungen“ begann 1927 mit seiner Farbtabelle; sie umfasst heute 213 Farbtöne, die für Druckfarben, Lacke (nach RAL sind z.B. Straßenschilder, Krankenwagen oder Taxis definiert), Farbfolien (z. B. für Fahrzeugbeschriftung) und Kunststoffe verwendet werden
- HKS Farbfächer: Farbsystem einiger Hersteller von Druck- und Künstlerfarben, das sich in Deutschland durchgesetzt hat; bietet möglichst einheitliche Farben auf unterschiedlichen Papieren, mit knapp 100 Farben aber ziemlich beschränkt
- Pantone Matching System: bietet mit Abstand die umfassendste Farbpalette und ist daher bei Grafikern gleichermaßen beliebt wie gehasst (weil die Farbfächer so teuer sind); das Pantone-System hat sich international durchgesetzt und umfasst neben Druckfarben auch Grafik Marker, Textilfarben und Kunststoffe
Neben dem Vorteil der Standardisierung bieten diese Systeme die Möglichkeit Farbtöne zu drucken, die mit dem normalen Vierfarbdruck nicht erreicht werden können. Alle Systeme bieten als Schlüsselprodukt ihre farbverbindlich produzierten Farbfächer, die sie für entsprechend teures Geld verkaufen. Untereinander stimmen diese Systeme natürlich nicht überein; uns bleibt nur, die jeweils naheliegendste Farbe auszuwählen.
Farbmischung im Vierfarb-Druck
Durch den alltäglichen Gebrauch selbstverständlich, aber eigentlich eine faszinierende Sache: Der lasierende Übereinanderdruck der vier Standardfarben Cyan, Magenta, Gelb und Schwarz (Abbildung links) ermöglicht viele unterschiedliche Farbtöne (mitte). So lässt sich ein großes Farbspektrum abbilden (rechts): Das gelbe Dreieck zeigt den CMYK-Farbraum als Teilmenge des sichtbaren Farbspektrums. Einschränkungen des Vierfarbdrucks:
- Nicht zu drucken sind Farbtöne, die reiner/leuchtender sind als die Grundfarben (z.B. helles Grün, reines Orange, leuchtendes Blau)
- Die Aufrasterung, die bei Fotos meist nicht auffällt, wirkt bei glatten Farbflächen schneller störend
- Warum eigentlich eine vierte Farbe? Cyan, Magenta und Gelb ergeben theoretisch gemeinsam Schwarz, praktisch aber ein dunkles Braun. Die vierte Farbe Schwarz macht dunkle Farbtöne richtig satt. Und sorgt dafür, dass schwarze Buchstaben gut zu lesen sind – müssten sie aus drei Farben gedruckt werden, wären sie verschwommen, da die einzelnen Farben im Druck nie ganz perfekt übereinander liegen.
Aufgrund dieser Einschränkungen wirkt eine Hausfarbe im Vierfarbdruck u.U. matter oder dunkler als die entsprechende Sonderfarbe. Bei Bedarf kann sie als zusätzliche Schmuckfarbe mitgedruckt werden – wenn es dem Auftraggeber die höheren Druckkosten wert ist.
Wieder anders: farbige Ausdrucke
Beim Ausdruck auf einem Officedrucker sehen Farben oft anders aus als erwartet. Das liegt zum einen daran, dass Tintenstrahldrucker reinere Grundfarben verwenden als die Euroskala, aber auch daran, dass die Farbräume des Druckers und des PCs nicht abgestimmt sind (mal ganz abgesehen davon, dass Word einfach nicht für professionelle Grafik gemacht wurde).
Sollen Laser- oder Tintenstrahldrucker möglichst genau das Erscheinungsbild im Vierfarbdruck simulieren, müssen Bildschirmdarstellung, Grafiksoftware, Drucker usw. mit Hilfe eines Color Management Systems kalibriert werden.
Speziell: Lichtfarben am Bildschirm
Die Art, wie Farben am Bildschirm erzeugt werden, unterscheidet sich grundlegend von den oben genannten Farbsystemen. Bei allen Oberflächen (ob im Druck, als Farbfolie, Lackfarbe oder bei ganz natürlichen Objekten) werden einzelne Wellenlängen aus dem aufgestrahlen Licht verschluckt, die Komplementärfarben werden reflektiert und erzeugen im Auge den Farbeindruck. Daher wird von der subtraktiven Farbmischung gesprochen: Von der weißen Ausgangsfläche werden Lichtanteile subtrahiert, die Farbe wird dunkler bis hin zu Schwarz (Abbildung links). Im Gegensatz dazu die additive Farbmischung: Ein schwarzer Bildschirm strahlt die Grundfarben Rot, Grün und Blau ab, die sich zu helleren Farben vermischen bis hin zu Weiß (mitte). Die Abbildung rechts zeigt den größeren RGB-Farbraum (blaues Dreieck) im Verhältnis zum Farbdruck (gelbes Dreieck).
Für die Darstellung von Farben am Monitor werden in Web-Medien die jeweiligen Anteile der Grundfarben Rot, Grün und Blau angegeben, dargestellt als Hexadezimalwert von 00 bis FF. Für RAL-Farben, Pantone usw. gibt es entsprechende RGB-Werte; dass die Farben nicht 100% übereinstimmen können, liegt in der Natur der Sache.
Wer schon einmal im Elektronikmarkt vor einer Fernseher-Wand stand weiß, dass sich Monitore hinsichtlich Lichtkraft, Darstellungsqualität und Farbstich unterscheiden. Mit dieser Vielfalt der Endgeräte muss der Webdesigner leben. Fotografen und Grafik Designer müssen sich jedoch auf die Farbdarstellung ihres Monitors verlassen können; sie legen Wert auf einen hochwertigen Bildschirm und regelmäßige Kalibrierung über ein Color Management System.
Fazit: Farbgenauigkeit entsteht nicht von selbst
Wenn Sie den Anspruch auf ein einheitliches Erscheinungsbild Ihres Unternehmens haben, sollten Sie Ihre Hausfarbe in verschiedenen Farbsystemen definieren und diese Angaben in Ihren Designvorgaben festhalten. Dann ist bei jedem einzelnen (Druck-)Projekt darauf zu achten, dass die Vorgaben auch eingehalten werden. Vom Grafiker, der die Vorlagen aufbaut. Von den Mitarbeitern Ihrer Druckerei. Von Ihnen selbst, indem Sie Ihren Anspruch vorher deutlich machen, die Druckergebnisse prüfen und den Aufwand nicht scheuen – jede Qualität hat ihren Preis, auch Farbqualität.
Weitere Informationen:
http://de.wikipedia.org/wiki/CMYK-Farbmodell